Es klingt paradox und ist doch schon vielfach in Studien belegt worden: Kinder, die morgens ohne Frühstück aus dem Haus gehen, neigen eher zu Übergewicht. Darauf hat jetzt erst wieder die Deutsche Diabeteshilfe (diabetesDE) hingewiesen. Denn auch Diabetes entwickelt sich bei schlechtem oder fehlendem Frühstück häufiger. Wobei der Zusammenhang etwas indirekter ist, wie Dr. Jens Kröger, Chef der Deutschen Diabeteshilfe erklärt: „Kinder und Jugendliche, die regelmäßig mit einer ausgewogenen Morgenmahlzeit in den Tag starten, weisen insgesamt einen gesünderen Lebensstil auf und sind leistungsfähiger.“
Anstoß zum Nachdenken hat einmal mehr die Weltgesundheitsorganisation WHO mit ihrem Bericht zum Gesundheitsverhalten von Schulkindern gegeben. Demnach steigt die Zahl der Kinder ohne Frühstück in Deutschland an. Inzwischen sind es etwa ein Drittel der 11- bis 15-Jährigen, die morgens nichts essen. Je älter die Kinder werden, desto schlechter die Frühstücksgewohnheiten. Bei den Elfjährigen frühstücken immerhin noch 72 Prozent der Jungen und 68 Prozent der Mädchen – bei den 15-Jährigen sind es dann nur noch 59 beziehungsweise 52 Prozent.
Dabei lohnt es sich so sehr, auf ein gesundes Frühstück zu achten. „Das kindliche Gehirn benötigt konstant Energie, um einen ganzen Schultag zu bewältigen“, sagt Kröger, der in Hamburg als Diabetologe arbeitet. Er rät für die erste Mahlzeit zu Vollkorngetreideprodukten, Gemüse, Obst und ungesüßten Milchprodukten. Dabei geht es darum, den Blutzuckerspiegel langsam und anhaltend zu heben. Weißmehl und Zucker dagegen liefern zwar schnelle Energie, die aber genauso schnell wieder verbrannt ist. Natürlich gilt für die Pausen das Gleiche: Kohlenhydrate, Ballaststoffe und Vitamine sollte der Pausensnack liefern – damit die Blutzuckerkurve bis zum Mittagessen nicht einbricht. Die Folge des fehlenden oder falschen Frühstücks sind nicht nur Leistungsaussetzer: Die ungesunden Essgewohnheiten verfestigen sich auch zusehends und belasten die Kinder später ein Leben lang.
Im gleichen Maße, wie bei Kindern und Jugendlichen das Frühstück an Stellenwert verloren hat, ist die Fettleibigkeit in der Altersgruppe gestiegen. Die jüngsten Zahlen des Robert-Koch-Instituts sind alarmierend: 15 Prozent der 3 bis 17-Jährigen gelten inzwischen übergewichtig oder adipös. Das ist die Hälfte mehr als noch in den 80er- und 90er-Jahren.
Der Verband der Kinder- und Jugendärzte hat deshalb erst vor wenigen Tagen zusammen mit der Organisation foodwatch und der Deutschen Diabetesgesellschaft eine Unterschriftenaktion unter Ärzten gestartet. Diese soll Druck auf die Politik ausüben, die Übergewichts- und Diabetes-Epidemie in Deutschland ernst zu nehmen. Bisher gelten für Hersteller zum Beispiel nur freiwillige Verpflichtungen, die Werbung für besonders ungesunde Produkte nicht an Kinder auszurichten. Geändert habe das nichts, meint Oliver Huizinga von foodwatch, der deshalb fordert: „Wir brauchen ein Zusammenspiel an verbindlichen Maßnahmen: Eine verbraucherfreundliche Nährwert-Kennzeichnung, Beschränkungen der an Kinder gerichteten Werbung, Mindestanforderungen für Schul- und Kitaessen sowie steuerliche Anreize für die Lebensmittel-Industrie, endlich gesündere Produkte anzubieten.“