Schön sind sie meist nicht. Schrumpelig, bräunlich, schorfig. Trotzdem wussten schon die Steinzeitmenschen jene Knollen, Wurzeln und Rüben zu schätzen. Im Mittelalter bildeten sie einen wichtigen Bestandteil des Nahrungsangebots und aus der Tatsache, dass sie meist zu Mus gekocht wurden, ergab sich auch das heutige Wort „Gemüse“. Wobei das Wurzelgemüse auf dem modernen Speiseplan neben Blattgemüse und Fruchtgemüse doch stark an Bedeutung eingebüßt hat. Schade eigentlich! Denn Wurzelgemüse enthält nicht nur viele Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente. Es hält auch eine überraschend große Geschmacksvielfalt bereit, von den unterschiedlichen Zubereitungsmöglichkeiten mal ganz abgesehen.
Schauen wir doch mal genauer hin, was es mit Karotte, Rote Bete & Co. auf sich hat. Dazu sollte man wissen, dass es sich bei der Bezeichnung Wurzelgemüse nicht um eine botanische, sondern eher um eine umgangssprachliche Bezeichnung handelt. Streng genommen handelt es sich bei Wurzelgemüse um essbare Speicherwurzeln (Rhizome), die unterirdisch wachsen. Sie enthalten eher wenig Wasser, dafür aber viele Nährstoffe. Das macht sie sehr bekömmlich und zu einem wichtigen Bestandteil einer ausgewogenen, gesunden Ernährung. Zum Wurzelgemüse zählen beispielsweise
- Kohlrabi
- Knollensellerie
- Radieschen
- Topinambur
- Steckrüben
- Petersilienwurzel
- Pastinaken
- Rote Bete
- Mairübchen
- Karotten
- Haferwurzeln
- Schwarzwurzeln
- Rettich
Viele dieser Arten spielten vor Jahrhunderten eine wichtige Rolle auf unserem Speiseplan, sind aber im Laufe der Zeit in Vergessenheit geraten. Biobauern und Bioläden nehmen die alten Sorten zunehmend wieder ins Sortiment auf und auch die Spitzengastronomie hat das einstige „Arme-Leute-Essen“ wiederentdeckt. Steckrüben beispielsweise enthalten viel Traubenzucker – was den leicht süßlichen Geschmack erklärt – und viel Vitamin A, gleichzeitig sind sie sehr kalorienarm.
Traurige Berühmtheit erlangten sie durch den sogenannten Steckrübenwinter. Die schlechte Kartoffelernte im Kriegsjahr 1916 sorgte dafür, dass die Menschen sich im darauffolgenden Winter überwiegend von Steckrüben ernähren mussten und diese aus der Not heraus zu allem möglichen verarbeiteten, sogar zu Kaffee oder Marmelade. Möglicherweise lag es am Überdruss, dass die Steckrüben seither kontinuierlich vom Speiseplan verschwanden und erst in den vergangenen Jahren wiederentdeckt wurden.
Pastinaken hingegen spielten vor allem im Mittelalter eine wichtige Rolle in der Ernährung, denn die Wurzeln sind robust im Anbau und eignen sich auch für karge Böden. Gleichzeitig enthalten sie viele Nährstoffe, zum Beispiel Kalium und Folsäure, dabei sind sie gut verdaulich, so dass sie heute vor allem in der Babynahrung Berücksichtigung finden. Ihr milder Geschmack liegt zwischen Karotte und Sellerie. Nach dem 18. Jahrhundert wurden Pastinaken, die optisch den Petersilienwurzeln ähneln, allerdings von Karotten und Kartoffeln vom Speiseplan verdrängt.
Ganz ähnlich erging es Topinambur. Die Knolle stammt aus Nordamerika und fand in Europa dank ihres süßlich-nussigen Geschmacks rasch Anklang. Das Besondere: Sie enthält neben vielen Vitaminen auch Inulin, damit ist Topinambur besonders gut für die Ernährung von Diabetikern geeignet. Im Laufe der Zeit wurde Topinambur von der Kartoffel verdrängt, diente allenfalls als Pferdefutter und geriet in Vergessenheit. Mittlerweile ist sie allerdings auf einigen Wochenmarktständen oder in Bioläden wieder erhältlich.
Halten Sie doch bei ihrem nächsten Einkauf einfach mal die Augen auf, vielleicht entdecken Sie ja noch Ihnen unbekannte Sorten an Wurzelgemüse. Probieren lohnt sich auf jeden Fall! Und wer sich lieber erst langsam Rantasten will: Auf unserem Speiseplan stehen in den nächsten Wochen Linsen- oder Erbsensuppe mit Wurzelgemüse, Cordon Bleu mit Rahm-Schwarzwurzeln oder auch Steckrübeneintopf. Guten Appetit!
Bei uns stehen einige von diesen Sachen noch immer auf dem Speiseplan. Das meiste bauen wir auch selber im eigenen Garten an. LG Romy
Sehr guter Artikel, ich liebe Wurzeln beim Kochen! 🙂