Vor einem halben Jahr wurde es gegründet, das Nationale Qualitätszentrum für Ernährung in Kita und Schule (NQZ). Zeit für ein Gespräch mit der NQZ-Leiterin Dr. Anke Oepping über Aufgaben, Ziele – und eine erste Zwischenbilanz der neuen Institution.
vitesca-blog: In den Bundesländern gibt es ja bereits die Vernetzungsstellen Schulverpflegung – wozu braucht es da jetzt noch ein Nationales Qualitätszentrum?
Die Vernetzungsstellen leisten seit ihrer Einrichtung 2008 in der Tat sehr gute Arbeit, sie beraten Kitas und Schulen rund um die Gemeinschaftsverpflegung. Und das Ergebnis kann sich schon sehen lassen. Es ist aber noch Luft nach oben. Das Gefälle bei der Qualität der Verpflegung ist einfach noch zu groß – das reicht von geschmierten Brötchen bis zu anspruchsvollen Menüs. Deshalb wurde jetzt das NQZ gegründet – als zentrale Koordinationsstelle auf Bundesebene. Wir verstehen uns als Vermittler zwischen Politik, Behörden, Wissenschaft und Wirtschaft.
vitesca-blog: Und wie sind sie für diese Aufgabe aufgestellt?
Wir haben insgesamt fünf Teammitglieder. Das NQZ ist außerdem ein Teil des Bundeszentrums für Ernährung mit über 60 Mitarbeitenden und profitiert von den Synergien, etwa bei der Medienerstellung oder dem fachlichen Austausch zu wissenschaftlichen Projekten, die hier betreut werden.
vitesca-blog: Welchen Hintergrund bringen Sie als Leiterin des NQZ mit?
Fachlich habe ich mich 17 Jahre an der Uni Paderborn in Forschung, Entwicklung und Lehre mit Ernährungsbildung und Kinderernährung beschäftigt. In dieser Zeit habe ich auch Gelegenheit gehabt, an Veranstaltungen der Vernetzungsstellen teilzunehmen und diese zu unterstützen. Ich kenne die Situation der Schulverpflegung auch aus der Sicht der Mutter. Ich konnte von daher aus fachlicher und persönlicher Sicht viele Erfahrungen sammeln und hatte dabei immer im Blick, dass wir dafür arbeiten, Kindern und Jugendlichen eine angemessene Ernährung zu bieten. Jetzt freue ich mich, mittendrin zu sein und meine Erfahrungen einbringen zu können.
vitesca-blog: Was hat sich seit der Gründung des NQZ vor einem halben Jahr schon getan?
Wir haben zunächst geschaut, welche Themen wir aufgreifen und wie wir die Vernetzungsstellen konkret unterstützen können. Transparenz und Wissenstransfer zwischen den Akteuren und Partnern ist dabei ein Schwerpunkt. Ernährungsbildung ist ein Beispiel dafür. Bis jetzt gibt es in den Einrichtungen häufig „inszenierte“ Ernährungsbildung, also den ernährungsbildenden Unterricht in der Schule oder Gelegenheiten in der Kita, wenn zum Beispiel gemeinsam ein Obstsalat oder sensorische Experimente gemacht werden. Dabei könnte auch so viel Ernährungsbildung mit und beim Essen selbst stattfinden. Darin steckt ein riesiges Entwicklungspotenzial. Nur fehlt den Einrichtungen dafür oft ein geeigneter Handlungsleitfaden. Wir sehen uns als Unterstützer derjenigen, die hier bereits gute Hinweise und Ansätze verfolgen und fördern es, einen Handlungsleitfaden zu entwickeln, der allen Interessierten an die Hand gegeben werden kann.
vitesca-blog: Was sind also die mittelfristigen Ziele?
Kurzfristig wollen wir erst einmal wahrgenommen werden, als Dienstleister und Unterstützer. Langfristig soll es natürlich eine Steigerung bei der Qualität der Kita- und Schulverpflegung geben.
vitesca-blog: Wie ist die denn messbar?
Das ist nicht leicht. Die Länder haben sich gerade auf den Weg gemacht und erheben Daten zur Qualität. Wir sind gespannt auf die Ergebnisse. Auf Bundesebene ist es schwierig, flächendeckend regelmäßig verlässliche und vergleichbare Daten zu sammeln. Wir arbeiten deshalb gerade an einem Monitoring-Konzept. Denn überprüfbar sollen die Fortschritte natürlich sein.
vitesca-blog: Wo muss sich Gemeinschaftsverpflegung an Kitas und Schulen denn noch am dringendsten verbessern?
Wir wollen das Augenmerk an den Einrichtungen neben der Qualität der Speisen auch auf den Prozess der Mahlzeit richten. Denn der ist für die Akzeptanz des guten Essens so wichtig und ist ein Element der Ernährungsbildung. Beispiel Schule: In dem durchrhythmisierten Alltag muss ausreichend Zeit für das Mittagessen zur Verfügung stehen. Dafür braucht es eine gute Organisation, dass die Schüler in Ruhe mit ihren Freunden zusammen sitzen und essen können. Wenn sie dagegen zu lange in der Schlange stehen, bis sie ihr Essen bekommen, lernen sie, dass Pause und Essen in der Schule in erster Linie Stress verursachen. Das kann nicht Ziel einer schulischen Ess- und Pausenkultur sein. Außerdem braucht es Begleitung. Man kann ja nicht voraussetzen, dass Kinder wissen, wie sie mit einer Menü- oder Büffetsituation umgehen sollen. Da muss man sie heranführen, damit es keine Aggressionen gibt und sie lernen, eine gute Wahl zu treffen. Hungrige Menschen gehen bekanntlich nicht so gut miteinander um.
vitesca-blog: Und was ist mit der Essensqualität?
Die ist natürlich die Basis. Dafür gibt es den Qualitätsstandard der DGE, wo es um Gemüseanteil, gesunde Fette oder sensorische Qualität geht. Der sollte immer erfüllt sein, das setze ich voraus. Wo sich aber noch viel tun kann, das ist die Präsentation der Mahlzeiten und das Nutzen der Speisenvielfalt, die im DGE-Standard vorgesehen ist.
vitesca-blog: Was kann das NQZ den Schulen und Kitas für all‘ das an die Hand geben?
Das NQZ agiert in der Vernetzung von Akteuren auf Länder- und Bundesebene. Einzelne Schulen und Kitas sind daher nicht unsere direkten Partner, das könnten wir gar nicht leisten – dafür gibt es dafür die Vernetzungsstellen der Länder. Und die leisten ja schon hervorragende Arbeit.
vitesca-blog: Und was können oder sollten wir als Caterer noch besser machen?
Das kann ich nur allgemein beantworten: Sie sollten sich ebenfalls vernetzen, um gute Verpflegung für die Zielgruppe Kinder und Jugendlichen sicherzustellen. Der Austausch miteinander kann die eigene Expertise steigern, etwa wenn es um Speisenplanung geht, oder darum, die Vielfalt der Lebensmittel zu nutzen und auch kommunikativ schmackhaft zu machen. Natürlich können wir niemanden dazu verpflichten, aber es gab ja bereits ein erstes Treffen zusammen mit dem Minister – und jetzt entwickeln wir diesen Austausch weiter.